Ummerstadt 1914 bis 1945
Der 1. Weltkrieg (1914 – 1918)
Die Gründe für den Ausbruch dieses schrecklichen Krieges lagen in den
machtpolitischen Gegensätzen der europäischen Staaten.
Russland, das sich als Beschützer aller slawischen Völker sah, war daran
interessiert, den Zerfall des osmanischen Reiches zu nutzen , um Konstantinopel
zu erobern und die Dardanellen zu kontrollieren. Darüber hinaus unterstütze
Russland die Bestrebungen der Serben sich bis an die Adria auszudehnen.
Serbien, seit 1778 unabhängig, will ein großes Reich auf dem Balkan errichten
und die kleineren Nachbarländer zu einem „Großserbien“ zusammenfügen. Diese
Bestrebungen werden von einer „großserbischen Bewegung“ durch Propaganda und
Terrorakte in den Nachbarländern unterstützt. Davon sind auch sie Gebiete
Kroatien und Bosnien betroffen, die zu Österreich Ungarn gehören.
Das Vielvölkerproblem in Österreich-Ungarn ist 1914, trotz Zugeständnisse von
Seiten Habsburgs in Form von mehr Autonomie oder Mitbeteiligung an der
Zentralgewalt. nicht gelöst. Die Probleme mit Serbien betreffen hauptsächlich
die beiden ehemals osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina, die auf Grund
eines internationalen Beschlusses seit ca. 30 Jahren unter der Verwaltung von
Österreich-Ungarn standen und die Habsburg 1908 förmlich an ihr Reich
angegliedert hat, bevor sie die Provinzen 1909 durch einen Kaufvertrag vom
Osmanischen Reich erwarben. Serbien ist damit die gewünschte Ausweitung in
Richtung Adria verbaut. Einer Auseinandersetzung mit Russland, das sich, wie
erwähnt, als Schutzherr aller Slawen sieht, kann Österreich-Ungarn kaum aus dem
Wege gehen.
Deutschland ist, wegen der nach 1871 rasch ansteigenden Bevölkerung und dem
Übergang zum Industriestaat immer mehr auf Import von Nahrungsmitteln und
Rohstoffen angewiesen. Die Plätze im Welthandel sind aber schon an andere Länder
vergeben. Die Bemühungen sich durch Erwerb von Kolonien ( ab 1884) den eigenen
Anteil am Welthandel auszubauen, Bergbau- und Erdölförderkonzessionen zu kaufen
(wie im Irak) und den nahen Osten durch Eisenbahnbau an sich zu binden ist dem
Versuch geschuldet, die Ernährungs- und Erwerbsgrundlagen der stark wachsenden
Bevölkerung zu sichern. Deutschland berührt aber damit sehr stark besonders
englische und französische Interessen.
Die deutsche Flottenrüstung konnte England, bei realistischer Betrachtung, nicht
als Bedrohung sehen.
Die englische Flottenpolitik war darauf angelegt etwa 10% stärker zu sein
als die beiden nächstgrößten Flotten (1899 sind das Frankreich und Russland).
Die deutsche Flottenrüstung
ab 1900 verfolgte vier Ziele:
1. den Schutz der deutschen Nordseefischerei (es kam zu der Zeit häufig zu
Übergriffen englischer Fischer auf deutsche Fischereiboote)
2. Schutz des Handels (auch mit den deutschen Kolonien)
3. Brechen von Blockaden (England bediente sich in verschiedenen Kriegen gerne
der Seeblockade, um kriegswichtige Transporte aber auch Lebensmittellieferungen
in das gegnerische Land zu unterbinden)
4. Bündnisfähigkeit mit Großbritannien (Deutschland wollte sich als
Bündnispartner im Falle eines Krieges z.B. um Kolonien, zwischen England und
Frankreich oder Russland, anbieten)
Um diese Ziele zu erreichen, meinte man auf ca. 60% der Flotte Großbritanniens
aufrüsten zu müssen. Damit war nach Meinung des deutschen Reiches die
Seeherrschaft und die Sicherheit Englands nicht gefährdet.
In Großbritannien wird dies aber anders bewertet, denn neben dem Deutschen Reich
rüstet auch die USA ihre bisher vergleichsweise kleine Flotte auf, was wieder
zu einer Mehrrüstung in England führte.
In dem Erwerb der Erdölkonzessionen im Irak und den Bau der Bagdadbahn sieht
sich England einem Angriff auf ihr Interessengebiet ausgesetzt.
Um die „Balance of Power“ auf dem Kontinent zu gewährleisten muss der Status
quo bestehen bleiben. Eine Veränderung der Machtverhältnisse durch ein stärker
werdendes Deutsches Reich konnte von Großbritannien auf Dauer nicht geduldet
werden.
Frankreich musste nach dem von ihm verursachten und verlorenen Krieg von 1870-71
die Landesteile Elsaß-Lothringen an Deutschland abtreten. 1914 will Frankreich
die Demütigung der militärischen Niederlage von 1871 tilgen und
Elsaß-Lothringen zurückerobern. Zum anderen strebt Frankreich danach auch
militärisch wieder erste Landmacht auf dem Kontinent zu werden.
Letztlich will Italien seinen Machtbereich bis zum Brenner ausdehnen.
Dementsprechend waren die Bündnisverpflichtungen der Länder organisiert. England
war mit Frankreich seit 1904 in der „Entente cordiale“ verbündet. Frankreich war
seit 1892 im so genannten Zweiverband mit Russland verbündet. Italien hatte
zunächst ein Bündnis mit Deutschland und Österreich geschlossen, wechselte aber
1915 die Seite.
Nach dem Attentat vom 28. Juni 1914 in Sarajewo wobei Habsburgs Thronfolger
Franz Ferdinand und seine Ehefrau von einem großserbischen Attentäter ermordet
wurde ging alles sehr schnell.
In einer Art Kettenreaktion wurden die Bündnisverpflichtungen eingefordert.
Deutschland erklärte, sofort nach dem Attentat, die „unbedingte Bündnistreue“ zu
Österreich, was dazu führte das Habsburg, der deutschen Unterstützung sicher,
mit Drohungen und Ultimaten Serbien unter Druck setzte. Serbien versicherte sich
der Unterstützung Russland. Russland wiederum vertraute auf die Bündnistreue
Frankreichs, das sich seit 1911 der militärischen Unterstützung Englands sicher
war.
Nach einem Ultimatum Österreichs an Serbien mobilisierten Russland und
Frankreich ihre Truppen. England führte eine „Mobilmachungsübung“ ihrer Flotte
durch.
Nach vergeblichen Bemühungen Englands und Deutschlands den Krieg doch noch zu
verhindern, mobilisierte das Deutsche Reich (1. August 1914) später aber
schneller als seine Gegner die Truppen und greift unter Verletzung der
Neutralität Belgiens, Frankreich an. England erklärt daraufhin Deutschland den
Krieg. Damit begannen die Kämpfe an allen Fronten.
Die Deutsche Armee hatte, besonders im Westen zunächst große Erfolge.
In Ummerstadt feierte man das Eintreffen bedeutsamer Siegesnachrichten durch
dreimaliges Siegesgeläute und durch Gedenken im Gottesdienst. Für jeden
Gefallenen wurde in der Stadtkirche ein Trauergottesdienst abgehalten. Alle
Vereine zogen mit ihren Fahnen geschlossen zur Kirche um dort einen Kranz zum
Gedächtnis des Toten aufhängen zu lassen.
Konfirmation
ca. 1920, Pfarrer Theodor Standhartinger, Konfirmanten in der Stadtkirche.
(Links an der Wand die Kränze
für die Gefallenen des 1. Weltkrieges)
Erst als auf der westlichen Anhöhe vor Ummerstadts Toren, dem Brückenranger, im Jahr 1922 auf Anregung des Bürgermeisters Schuchart und einer Denkmalkommission vom Oberbaurat Fischer aus Meiningen ein Ehrenmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges geschaffen wurde an welchem die Namen aller Gefallenen und Vermissten, die hier wohnten oder geboren waren, verzeichnet stehen, wurden sie von den Wänden wieder abgenommen.
Lange Zeit ehrte man ihr Andenken durch Blumenschmuck des Denkmals und hielt
dort alljährlich am Sonntag Reminiscere (2. Sonntag in der Fastenzeit) eine
Trauerfeier für sie ab.
Seit 1919 wurde auch mit dem von Frau Auguste Fischer gespendete und von der
Firma Weizel (Knoch und Lysek) hergestellte große Kirchenfenster, das die
Auferstehung Christi darstellt, an die Opfer des Krieges erinnert.
Eine in der Stadtkirche zusätzlich geplante Gedenktafel, auf der alle
Kriegsteilnehmer namentlich aufgeführt werden sollten, zerschlug sich.
Die Bevölkerung von Ummerstadt besonders die Angehörigen der Ausmarschierten,
die Vereine oder sonstige Wohltäter der Stadt unterstützten die im Felde
stehenden Soldaten durch zahlreiche Liebespakete. Für den Staat zeichnete man
Kriegsanleihen und brachte Goldschmuck und Geld als Opfer dar.
Erst als die Not auch in Ummerstadt immer größer wurde konnte man nicht mehr in
dem Maße für die Kriegsteilnehmer sorgen, wie in den ersten Jahren des Krieges.
Besonders durch die englische Seeblockade fehlte es unter anderem an
Nahrungsmitteln und Rohstoffen. Die Daheimgebliebenen litten unter der
Zwangsbewirtschaftung der Lebensbedürfnisse und waren erbittert über staatliche
Maßnahmen, Arbeitsüberhäufung, Glaubenserschütterungen, über die sich immer mehr
häufenden Todesfälle, Beschlagnahme von Orgelpfeifen und Kirchenglocken und
dergleichen.
In das Kriegsgeschehen wurden immer mehr Länder einbezogen (besonders ab 1917
auch die USA) und so weitete sich diese Auseinandersetzung zu einem Weltkrieg
aus.
Der Erste Weltkrieg forderte fast zehn Millionen Todesopfer und etwa 20 Millionen Verwundete unter den Soldaten. Die Anzahl der zivilen Opfer wird auf weitere sieben Millionen geschätzt.
Im Deutschen Reich leisteten im Kriegsverlauf 13,25 Millionen Mann
Militärdienst, davon starben 2,0 Millionen.
Hatte Ummerstadt im Kriege 1870-71 nur einen Toten zu beklagen, waren es im
ersten Weltkriege weitaus mehr Opfer.
In den verschiedenen Feldzügen und auf den unterschiedlichen Kriegsschauplätzen
fielen folgende Ummerstädter Bürger in den Gefechten:
Schmidt,
Franz Heinrich
Schmidt,
Johann Georg Edmund
Oppel,
Arthur Oskar Max
Heß,
Gustav Adolf
Schneider,
Albert Paul
Rexheuser,
Franz Georg
Rexheuser,
Eduard Leopold Arno
Chilian,
Johann Max Hugo
Söllner,
Albin
Spieß,
Arno Hermann Walter Siegfried
Berghold,
Franz III
Fischer,
Johann (Erlebach)
Jäger,
Wilhelm
Eck,
Hermann Heinrich
Chilian,
August Eduard II
Malsch,
Edmund Max
Röhrig,
Erich Willy Hermann Max
Chilian,
Eduard I
Fischer,
Eduard (Erlebach)
Fischer,
Otto Julius
Chilian,
Hermann August
Steiner,
Ernst Nikol
Spieß,
Leberecht
Pflaum,
Robert
Döffinger,
Luthart
Krämer,
August
Ihren Verwundungen
erlagen:
Krämer,
Heinrich
Röhrig,
Franz
Jäger,
Hermann
Höhn,
Hans Hugo Edgar
Chilian,
Gustav
Chilian,
Alfred
Wolf,
Georg, Edmund
Vermißt:
Vetter,
Gustav Hermann, Otto
Weiß,
Georg, Hans Gotthold
Weißbrod,
Georg Lorenz Eduard
Hartung,
Karl
Dressel,
Edmund
Florschütz,
Hugo
i.d.Heimat verstorben:
Chilian,
August I
Schubert,
Hermann
Streng,
August
Im November 1918 war das Deutsche Reich nicht mehr in der Lage den Krieg weiter
fortzuführen. Nach einigen Unruhen im Land, besonders nach dem Matrosenaufstand
in Kiel (die Matrosen wehrten sich dagegen noch einmal, wahrscheinlich in den
sicheren Untergang, auslaufen zu müssen) überschlugen sich die Ereignisse. Am
09. November 1918 verkündete Reichskanzler Max von Baden eigenmächtig die
Abdankung des Kaisers. (Der Kaiser unterschrieb erst später die
Abdankungserklärung, 28. November
1918, 19 Tage nach Ausrufung der Republik).
Der SPD-Reichtagsabgeordnete Philipp Scheidemann rief am 09. November 1918
gegen 14:00 Uhr von einem Fenster des Reichtagsgebäudes die „Deutsche Republik“
aus. Er kam damit dem Führer des Spartakusbundes Karl Liebknecht zuvor, der am
Nachmittag gegen 16:00 vom Berliner Stadtschloss aus eine „ sozialistische
Republik Deutschland“ ausrief.
Wilhelm II. floh am 10. November in die Niederlande.
Der Krieg wurde am 28. Juni 1919 mit den Verträgen von Versailles und Saint-Germain zwar beendet, aber dieser von Deutschland so empfundener „Diktatfrieden“ birgt den Keim einer neuen kriegerischen Auseinandersetzung in Europa. Die Verträge, die ja nicht verhandelt, sondern von den Siegermächten der deutschen Regierung zur Unterzeichnung vorgelegt wurden beinhalteten u.a. den Vorwurf der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands, umfangreiche Abtretungen deutschen Siedlungsgebietes, starke Reparationen und Zahlungen, so dass das wiedervereinigte Deutschland, nachdem es den Restschuldenanteil für die ehemalige DDR bezahlen musste, noch bis in das Jahr 2010 (!) mit dem Abtragen der Restforderungen aus dem ersten Weltkrieg und den Zinsen beschäftigt war.
England und Frankreich finanzierten den Krieg durch Vermögenssteuern, die sie ihren Völkern abverlangte. Deutschland trieb das Geld durch verkaufte Kriegsanleihen und die Aktion „Gold gab ich für Eisen“ auf. Die Kriegsanleihen sollten durch die gegnerischen Staaten nach dem „Siegfrieden“ bezahlt werden. Deutschland aber verlor diesen Krieg und musste selbst hohe Reparationen zahlen. Diese Reparationen wurden durch Drucken zusätzlichen Papiergeldes bezahlt, was die Inflation verstärkte.
Durch den Niedergang der deutschen Wirtschaft entstand in den Jahren 1922 und
1923 eine Hyperinflation.
Die Geltentwertung ging immer schneller von statten. Kostete z. B. eine
Briefmarke für einen Brief am 31. Januar 1919 noch 0,15 Mark, musste man am 15.
November 1923 10 Milliarden Mark dafür bezahlen.
Erst die Einführung der Rentenmark im November 1923 stoppte diese Entwicklung. Die unglaubliche Zahl von 4200000000000 Mark wurde in 4,20 Mark umgetauscht, das entsprach dem Wert von einem Dollar.
Datum |
Kaufpreis |
6. Juni 1912 |
7 Pfennig |
6. August 1923 |
923 Papiermark |
27. August 1923 |
177.500 Papiermark |
17. September 1923 |
2,1 Millionen Papiermark |
15. Oktober 1923 |
227 Millionen Papiermark |
5. November 1923 |
22,7 Milliarden Papiermark |
15. November 1923 |
320 Milliarden Papiermark |
Beispiel: Preis für ein Frühstücksei um 1923
Für die Bauern in Ummerstadt hatte die Inflation, trotz aller Not, keine so böse
Auswirkungen wie für die Menschen, die, wie wir heute sagen, von
nichtselbständiger Arbeit leben mussten. Die Bauern, auch die
Nebenerwerbsbauern, waren in der Regel in großen Teilen Selbstversorger. Für die
Handwerker und Töpfer bedeutete diese Geldentwertung eine Katastrophe, denn die
hergestellten Waren und Handwerksleistungen wurden mit dem Geld bezahlt, das bei
dieser galoppierenden Inflation schon meist am nächsten Tag keinen Geldwert mehr
besaß.
Die Arbeitslosigkeit stieg auf ca. 6 Millionen Menschen. Das waren meist die
Familienväter, so dass man sagen kann, dass weit aus mehr Menschen unter der
Arbeitslosigkeit litten als die Zahlen besagen.
Für diese Not gaben viele Menschen der jungen Republik die Schuld. Sie sei nicht
in der Lage sich gegen die Siegermächte durchzusetzen. Die politischen
Auseinandersetzungen wurden immer härter. Es kam zu Aufständen von Kommunisten
und den äußerst rechts angesiedelten Parteien.
1929 kam es zu einem sehr starken Kurssturz an der New Yorker Börse. Daraufhin
zogen die USA ihr an Deutschland verliehenes Kapital zurück. Dies führte in
Deutschland zu einer starken 3 Jahre anhaltenden Wirtschaftskrise und
Depression. Das Vertrauen in die demokratischen Parteien schwand immer mehr.
1933 wurde letztlich eine Koalitionsregierung von Konservativen Parteien unter
Einbindung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), deren
Führer Adolf Hitler war, ins Leben gerufen. Hitler schwang sich kurze Zeit
später mit Hilfe des Ermächtigungsgesetzes zum Diktator des deutschen Reiches
auf.
In fast ganz Europa regierten zu dieser Zeit (Ende der 20 er Anfang der 30 er
Jahre) nationalistisch gesinnte Regierungen. Ausnahmen bildeten nur einige
Staaten wie, die Skandinavischen Länder, Belgien, Niederlande, Luxemburg,
Frankreich und Großbritannien, aber keiner dieser nationalistischen Staaten
richtete ein solch brutales totalitäres System ein wie die Nationalsozialisten
in Deutschland.
Die Nationalsozialistische Ideologie war kein geschlossenes Gedankengebäude wie
z.B. die des Kommunismus, sondern beruhte auf fünf Säulen.
Da war zunächst der Sozialdarwinismus. Die Nationalsozialisten zogen aus der
Theorie über die Weiterentwicklung der Arten durch Anpassung, den Schluss, das
die stärkere menschliche Rasse sich im Kampf gegen andere menschliche Rassen
durchsetzen würde.
Die Säule Rassenpolitik bedeutete, dass die arischer Herrenrasse im Kampf um
Rassenreinheit mit Minderrassigen stünde. Ein stark ausgeprägter Antisemitismus
war eines der wichtigen Merkmale dieses Gedankengutes. In den Juden hatte man
den Sündenbock für alles Schlechte der Welt wie z.B. den Weltkapitalismus und
den Kommunismus gefunden.
Die Säule „Führerprinzip“ bedeutete sowohl die Abschaffung demokratischer
Strukturen als auch politischer Wahlen und damit auch demokratischer Kontrollen.
Auf allen politischen Ebenen war man dem Führer bedingungslosen Gehorsam
schuldig.
Die Schaffung einer Volksgemeinschaft lief unter dem Grundsatz: „Du bist nichts,
dein Volk ist alles.“
Es wurde eine rassisch einheitliche, klassenlose Volksgemeinschaft angestrebt,
in der alle sozialen- und Standesgegensätze aufgehoben werden. Alle Menschen im
Lande hatten die selben Verpflichtungen und sind nur dem Ziel der Erhaltung der
Rasse- bzw. Kampfgemeinschaft verpflichtet. Das Ziel war letztlich das
Heranzüchten eines neuen Menschen.
Die fünfte Säule war der Gedanke das alles Recht ist was dem eigenen Volk nützt.
Dieser übersteigerte Nationalismus führte zu einer Überschätzung der eigenen
Nation und war im Grunde nicht anderes als ein versteckter Imperialismus.
Parteiorganisationen 1933-45 in Ummerstadt
Die Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten wurde zunächst von der
Mehrheit des Deutschen Volkes begrüßt. (6. März 1933, großer Fackelzug in
Ummerstadt) Der wirtschaftliche Aufschwung, die rapide Senkung der
Arbeitslosenzahlen , die Besetzung des durch den Versailler Vertrag bzw. den
Vertrag von Locarno, entmilitarisierten Rheinlands (1936), der Anschluss
Österreichs (1938), die Saar Abstimmung (1935), der Anschluss der Sudetenlande
(1938) und der Anschluss des Memellandes (1939) wurden als Erfolge gefeiert.
Auch
in Ummerstadt gründete sich eine Ortsgruppe der NSDAP. Daneben bestanden
Gliederungen der Partei, wie: Hitlerjugend (HJ) Sturmabteilung (SA) Bund
Deutscher Mädel (BDM), Jungmädel (JM), Jungvolk (JV), NS Frauenschaft, NS
Landjugend, NS Bauernschaft bzw. Reichsnährstand, NSV und Arbeitsfront. Man kann
davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung der Stadt in einer
dieser Organisationen aktiv war.
Wie aus dem Diagrammen zu ersehen ist die Mehrheit der Eintritte 1933, 1937 und 1942 erfolgt.
Die NSDAP-Ortgruppe Ummerstadt (Ortsgruppenleiter Ros, Max II) hatte von
1929 bis 1945 insgesamt 66 Mitglieder, wovon ein Mitglied 1939 freiwillig
ausgeschieden ist. Zwei weitere Mitglieder wurden 1938 bzw. 1939 aus der Partei
ausgeschlossen. (63 Mitglieder, 1945)
Es konnten nur drei Mitglieder der SA festgestellt werden. (Es ist also
anzunehmen, dass in Ummerstadt nur eine „Rotte“ bestand.)
Auch in
Ummerstadt gab es Gliederungen der Hitlerjugend (HJ) und des Bundes
Deutscher Mädel (BDM).
Die Hitlerjugend
war die Jugend- und Nachwuchsorganisation der Nationalsozialistischen
Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP).
Sie wurde in der Zeit
des Nationalsozialismus ab
1933 zum einzigen staatlichen Jugendverband mit bis zu 8,7 Millionen Mitgliedern
(98 Prozent aller deutschen Jugendlichen) ausgebaut.
Zitat: „Die HJ will sowohl die Gesamtheit der Jugend, wie auch den gesamten
Lebensbereich des jungen Deutschen erfassen.“ (Dies galt seit Gründung des Bundes
Deutscher Mädel (BDM)
1930 für beide Geschlechter)
Ab Juli 1933 entstanden folgende „HJ-Gliederungen“:
Das Deutsche Jungvolk (DJ) umfasste die 10- bis 14-jährigen Jungen,
genannt Pimpfe
der Jungmädelbund (JM)
umfasste die 10- bis 14-jährigen Mädchen,
die eigentliche Hitlerjugend umfasste
die 14- bis 18-jährigen Jungen,
der Bund Deutscher Mädel
(BDM) die 14- bis 18-jährigen
Mädchen.
(Später wurde der BDM auf 17 Jahre Höchstalter begrenzt)
das BDM-Werk Glaube
und Schönheit für 17-
bis 21-jährige Mädchen.
Zu Beginn
war die Mitgliedschaft freiwillig. Am
25. März 1939 wurde mit dem Erlass der zweiten Durchführungsverordnung zum
HJ-Gesetz die Jugenddienstpflicht eingeführt.
Nun konnte die Mitgliedschaft in der HJ auch gegen den Willen der Eltern
polizeilich erzwungen werden. (wurde aber in der Regel nicht praktiziert)
Die genaue Mitgliederzahl in Ummerstadt konnte bisher nicht festgestellt werden.
HJ und BDM vor der Stadtkirche in
Ummerstadt
HJ und BDM beim Volksliedersingen am Muttertag 1944
Wie viel Mitglieder die NS Frauenschaft, und die NS Landjugend in
Ummerstadt hatte ist noch nicht festgestellt worden.
Bei der NS Bauernschaft bzw. Reichsnährstand (Ortsbauernführer:
Max Voit bzw. Otto Chilian III) und Arbeitsfront (Einheitsverband
der Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
also eine Art gleichgeschaltete “Gewerkschaft“) ist davon auszugehen, dass der
überwiegende Anteil der betroffenen Bauern bzw. Arbeiter Mitglied in diesen
Verbänden waren.
Nachdem die Arbeiterwohlfahrt im Zuge der Gleichschaltung der
Wohlfahrtsorganisationen verboten wurde, trat die NSV (Nationalsozialistische
Volkswohlfart) als Staatsorganisation und Verein auf und versuchte eine
Monopolstellung zu erreichen. Dies ist zwar nicht gelungen aber die ursprünglich
führenden Verbände auf diesem Gebiet, das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die
evangelische Diakonie und die katholische Caritas, wurden zurückgedrängt und
verloren an Einfluss.
Auch in Ummerstadt bestand eine Organisation der NSV die u.a. folgende
Hilfswerke und Institutionen betrieb:
§
Mütterdienst im Deutschen
Frauenbund
§
Adolf-Hitler-Freiplatzspende
§
Kindergarten
§
Haushaltshilfe
§
Gemeindepflegestationen
§
Jugendhilfe
§
Tuberkulosehilfswerk
§
motorisierte Zahnstationen
§
Bahnhofsdienst
§
Hilfswerk für die deutsche bildende
Kunst
§
Ernährungshilfswerk
§
Winterhilfswerk
§
Kinderlandverschickung
§
Hilfswerk Mutter und Kind
Mitgliederzahlen sind nicht bekannt.
Da schau her: (Margot Feist ist die spätere Frau Honnecker)
Jurzek: "Honnecker und die Führerin der Jungen Pioniere, Margot Feist, waren reizend. Honnecker bestätigte uns: 'Eure früheren aktiven HJ-Führer sind heute meine besten Funktionäre. Wer früher in der HJ aktiv war, ist heute auch bei uns aktiv. Wir haben das Gute von Euch übernommen und es weiter ausgebaut'."
Wilhelm Jurzek: ehemaliger Oberbannführer der HJ, über ein Gespräch mit Erich Honnecker und Margot Feist in Ostberlin, über eine Zusammenarbeit der FDJ mit der ehemaligen HJ in Ost- und Westdeutschland, "Berlingespräch", 29. und 30. Januar 1951
1934 feierte man in Ummerstadt ein großes Erntedankfest. Es wurde ein
aufwendiger Festzug organisiert an dem sich die gesamte Bürgerschaft beteiligte.
Der Gottesdienst wurde an diesem Festtag durch Pfarrer Theodor Standhartinger
besonders prunkvoll gestaltet
Gottesdienst in der Stadtkirche (Sammlung Meffert, Hildburghausen)
v.li. Pfarrer Theodor Standhartinger, Kirchenrat Hugo Stüber, Oberpfarrer Otto Hoffmann (Hildburghausen) (Sammlung Meffert, Hildburghausen)
Anni Christ, Teilnehmerin am Festumzug (Sammlung Meffert, Hildburghausen)
Festumzug am Markt (vorn Otto Chilian III, Albin Eichhorn)
Festumzug in der Coburger Straße (Mitte: Otto Eck)
Ummerstadt feiert die 1100 Jahrfeier (1937)
1937 feierte Ummerstadt sein 1100-jähriges Bestehen. Der Höhepunkt war das
Festwochenende vom Freitag, den 9. Juli 1937 bis Montag, den 12. Juli 1937.
Für dieses Festwochenende wurde nach langer Vorbereitung ein umfangreiches
Programm erstellt.
Es wurden drei große, mit Tannenreisig verkleidete Tore an den Stellen
aufgerichtet, wo die alten Stadttore standen. Als Festabzeichen wurde von
Ummerstädter Töpfern ein handbemaltes Wappen hergestellt, das man für 50
Pfennige erwerben konnte (einige befinden sich noch heute im Privatbesitz).
Es scheint aber leider während des ganzen Wochenendes stürmisches und
regnerisches Wetter geherrscht zu haben. Es wird berichtet, dass es nur während
des Festzuges am Sonntagnachmittag nicht geregnet hätte.
Höhepunkt des Festwochenendes war zweifellos der historische Festzug, der am Sonntag, den 11.Juli 1937 gegen 13.30 Uhr begann.
Festzugteilnehmer: Töpfermeister: Leopold Berghold, Töpfermeister: Max Weis, Töpfergehilfin: Toni Franz geb. Berghold, Töpferlehrling August Berghold II, vorn Hermine Hörnlein
Auf dem Weg zur Aufstellung
(Sammlung Meffert, Hildburghausen)
Modell der St. Andreaskirche
Zu diesem Anlass wurde ein Modell der St. Andreaskirche hergestellt, das heute noch vorhanden ist und auch im Historischen Festzug 2012 mitgeführt wird. Die in Ummerstadt ansässigen Gerber-, Schuhmacher- und Sattlerhandwerker hatten einen Festwagen gestaltet. An dem Wagen, der das Töpferhandwerk darstellte, prangte der Spruch: „Gott, der Schöpfer, war der erste Töpfer“. Auf einem weiteren Festwagen wurde das traditionelle Hausbrauen gezeigt („Malz und Hopfen geben einen guten Tropfen“).
Festwagen der Bierbrauer am Viehmarkt (Sammlung Meffert, Hildburghausen)
Die Darstellung einer Spinnstube veranschaulichte die Aufbereitung des Flachses und das Spinnen unter dem Spruch: “Selbst gewonnen, selbst gesponnen“.
Dazwischen gab es viele Fußgruppen, die Abschnitte und Ereignisse aus der Ummerstadter Geschichte zeigten. Das Stadtjubiläum wurde am Montag, den 12.07.1937 mit einem Kinderfest beendet.
Wilhelm Rehlein beim Festzug 1937
Für alle, die dieses Fest erlebt haben, war die Jubiläumsfeier ein Ereignis, das lange in Erinnerung blieb und von dem man noch viele Jahre erzählte.
Doch das friedliche Leben dauerte nicht lange. Schon zwei Jahre später brach der
2. Weltkrieg aus. Die Gründe dafür sind so vielschichtig wie die Ursache des 1.
Weltkrieges. Der Expansionswille (Lebensraum im Osten) der, gestützt auf ihre
Ideologie des Kampfes der verschiedenen Rassen um die Vorherrschaft in der
Welt, von dem totalitären nationalsozialistischen Deutschen Reich ausging war
letztlich der Auslöser des Krieges.
Die jungen Wehrpflichtigen aus Ummerstadt wurden eingezogen und mussten an den
verschiedensten Kriegsschauplätzen an dem Kampf teilnehmen.
Die Menschen, vor allen die die im ersten Weltkrieg bittere Erfahrungen machen
mussten hatten großen Befürchtungen was dieser erneute Krieg bringen würde.
Mit den Anfangserfolgen der Wehrmacht (Polenfeldzug 1. September bis 6. Oktober
1939, Frankreichfeldzug 10. Mai bis 25. Juni 1940 und Balkanfeldzug 6. April bis
23. April 1941) stieg aber die Zuversicht was sich auch in der Zustimmung zur
Politik er herrschenden NSDAP äußerte. Doch als der Krieg sich zu einem
Weltbrand ausbreitete und letztlich auch gegen die Sowjetunion (ab dem
22.06.1941) und Amerika geführt werden musste, wuchs die Skepsis auch in
Ummerstadt.
Von unmittelbaren Kriegseinwirkungen wie Bombenangriffe, blieb Ummerstadt
verschont. Als aber die Industriestadt Schweinfurt bombardiert wurde, konnte man
den Feuerschein in Ummerstadt sehen.
Kriegsgefangene, sowie so genannte Ostarbeiter und -arbeiterinnen aus Frankreich, Jugosloawien, Polen, Litauen, Russland und der Ukraine, halfen bei der Arbeit in
der Landwirtschaft und im Haushalt. Die Kriegsgefangenen waren in einem Lager in
der Nähe von Schlettach untergebracht aber auch das Untergeschoss vom
Alwin-Schorsch-Haus war ein Gefangenenlager für Serben, Italiener und Franzosen.
Sie konnten sich tagsüber relativ frei bewegen. Nur Nachts wurden sie unter
Bewachung gestellt. Die allermeisten Zwangsarbeiter wurden von den Bauern, bei
denen sie auf dem Feld arbeiten mussten sehr gut behandelt. Einige wurden eher
wie Familienmitglieder gesehen.
Kriegsgefangene und Ostarbeiterinnen beim Einsatz in Ummerstadt
Obwohl in Ummerstadt selbst keine Übergriffe auf die Ost- und Zwangsarbeiter
bekannt sind, hat das nationalsozialistische System im Landkreis Hildburghausen
seine brutalen Spuren hinterlassen.
Zwischen Poppenhausen und Einöd erinnert ein Denkmal an die Ermordung von 20
Polen. Was war geschehen:
Zwei polnische Zwangsarbeiter, Jan Sowka und Nikolaus Stadtnik, die bei einem
Bauern zur Arbeit verpflichtet waren, haben am 27.04.1942 den für seine
Schikanen an den Gefangenen bekannten Gendarmerieobermeister Albin Gottwald
getötet. Auf der Flucht wurde Jan Sowka im Bamberger Bahnhof gefasst. Nikolaus
Stadtnik gelang scheinbar die Flucht bis nach Polen wurde aber dort später
vermutlich gefasst und erschossen.
Die SS befahl am Tatort eine
Massenhinrichtung von 19 KZ Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald und dem
gefassten Jan Sowka durchzuführen. Zu diesem Massaker wurden alle im Landkreis
befindlichen polnischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter als Zuschauer
befohlen. Darüber hinaus
nahmen
NSDAP-Größen, weitere politische Funktionäre der Region (bis hin zum Coburger
Landrat Gerhart Derks), Hitlerjungen, BDM-Mädchen aber auch Schaulustige aus dem
Umkreis, freiwillig als Zuschauer an diesem Verbrechen teil.
Als die Westalliierten in der Normandie gelandet waren und die Rote Armee an der
Oder stand war klar, dass dieser, diesmal eindeutig von Deutschland ausgehender
mörderische Krieg, für das Deutsche Reich verloren gehen würde. Dennoch wurde
bis zum bitteren Ende gekämpft. Die Alliierten lehnten jeden Versuch, den Krieg
vor der endgültigen Niederlage Deutschland zu beenden, ab. Man bestand immer auf
der „bedingungslosen Kapitulation“ der Deutschen und war nicht gewillt den
Versuchen einzelner Waffenstillstandsangebote, z.B. mit dem Westalliierten,
nachzugeben.
Ummerstadt am Ende des 2. Weltkriegs
Durch Ummerstadt fuhren im April 1945 noch mehrere Marschkolonnen und
Einzelfahrzeuge der deutschen Wehrmacht Richtung Coburg. Die Soldaten waren zum
großen Teil kriegsmüde. Einmal kamen sogar eine Einheit Inder, die mit der
deutschen Wehrmacht gekämpften hatte, durch Ummerstadt. Unsere Stadt wurde zwar
nicht direkt von Bombenangriffen betroffen, aber Tag und Nacht zogen hoch
fliegende Bomberströme Richtung Osten über die Stadt. Amerikanische Tiefflieger,
die auf alles Jagd machten, was die Piloten sahen, verbreiteten Angst und
Schrecken.
Am 08. April 1945 gegen Mittag griffen die Jagdbomber auch Ummerstadt an.
Neben etlichen Zerstörungen forderte dieser Angriff auch zwei Todesopfer.
Ein
Kind aus dem Hause der Familie Schwamm (Ursula Hagemann geb. 06.12.1944) wurde ebenso getötet wie auch eine Frau
Gertrud Stahl (geb. 30.05.1915), aus Köln, die wegen der Bombenangriffe auf ihre Heimat hierher nach Ummerstadt evakuiert worden war. Frau Stahl ist auf unserem Friedhof bei den
Soldatengräbern begraben.
v.li.: Frau Gehring, Herr Hagemann,(auf dem Arm Ursula Hagemann) Frau Lilly (?)
Hagemann
Die durch Ummerstadt abrückenden deutschen Kolonnen wurden immer weniger, was darauf hindeutete, dass die Amerikaner nicht mehr weit waren.
Am 10. 04. 1945 wurde der Gefreite Fritz Koch von einem Volkssturmmann erschossen, weil er auf einen Anruf keine Antwort gab.
Die Amerikaner kamen am 11. April 1945. In breiter Front rückten sie mit gepanzerten Kräften aus Richtung Lindenau über Erlebach an und fuhren zunächst auf der Erlebacher Höhe auf. Ein Schuss auf die Wetterfahne des Kirchturms der Stadtkirche kündigte den Angriff an. Der vorher einberufene Volkssturm löste sich spätesten jetzt auf, denn eine wirksame Verteidigung des Ortes war sinn- und zwecklos.
Es folgte eine minutenlanger Beschuss der Stadt mit Panzergranaten und anderen Geschossen. Inzwischen näherten sich über die Rodachbrücke einige Panzerspähwagen und drangen in die Stadt ein. Als sie ihren Marsch vom Viehmarkt Richtung Marktplatz fortsetzen wollten, wurden sie von einem SS Mann, der von der Ecke der Coburger Straße die Straße zum Marktplatz gut übersehen konnte, mit einem MG unter Feuer genommen. Der Soldat zog sich aber bald zurück, so dass die Amerikaner den Ort ohne nennenswerten Widerstand nehmen konnten.
Die amerikanischen Soldaten durchsuchten jedes Haus nach versprengten Soldaten,
jedoch zunächst ohne Erfolg.
Bis auf die völlige Zerstörung des Hauses Friedhofsweg 18 (Christian Weis, es
wurde in Brand geschossen) und den Treffern am gegenüberliegenden Haus Nr. 20
(Max Winkelmann), das so getroffen wurde, dass ein Dachstuhlbrand entstand, der
aber gelöscht werden konnte, waren die Schäden, die bei der Einnahme der Stadt
verursacht worden sind, insgesamt nicht allzu schwer. So wurde z. B. das Haus
von Hermann Christ durch eine Panzergranate getroffen, die vorher durch das
Geländer der Rathaustreppen ging. Schäden an anderen Häusern stellten sich als
nicht so schlimm heraus.
Die Amerikaner setzten die Durchsuchung der Häuser fort und sperrten zunächst alle vorgefundenen Männer im Keller der Familie Heinrich Vogel Haus Nr. 17 ein. Je mehr Wein die Amerikaner aus dem Weinkeller der Gaststätte Röhrig getrunken hatten, desto unangenehmer benahmen sich manche dieser Soldaten. In der Vorstadt soll es zu Übergriffen auf zwei Frauen gekommen sein.
Notizen über den Diebstahl von Bargeld aus Kassen der Stadt
Im Laufe des Tages wurden drei gefangene deutsche Soldaten auf dem Marktplatz einer Leibesvisitation unterzogen. Anschließend wurden sie weggeführt. Die gefangenen Soldaten wurden augenscheinlich von den amerikanischen Soldaten hinter der Friedhofskirche erschossen. Dort in der Nähe fand man ihre toten Körper.
Sie wurden auf dem Friedhof neben den im Lazarett Bad Colberg an Lungenkrankheiten und Lungenverletzungen verstorbenen Soldaten begraben. Als im Wald noch zwei weitere tote deutsche Soldaten aufgefunden wurden stand fest dass der Einmarsch in Ummerstadt sechs Menschen das Leben gekostet hat.
In der Nacht zum 12. April 1945 kam es zu der eigentlichen Katastrophe, deren
Folgen heute noch in Ummerstadt sichtbar sind. Der große Turm der
Friedhofskirche stand lichterloh in Flammen. Die Amerikaner holten die
Bevölkerung zusammen, auch die im Haus Nr. 17 eingesperrten Männer, um den Brand
löschen zu lassen. Man holte auch die Feuerspritze und legte eine
Schlauchleitung zur Kirche auf dem Berg. Der Druck der Spritze reichte aber
nicht aus, um das große Feuer zu löschen. Das Holz der Turmkonstruktion, des
Kirchendaches, der Holzdecke, des Gestühls und der Empore der Kirche sorgten
dafür, dass das Feuer nicht zu löschen war.
Erst am nächsten Tag war das Unglück ganz zu übersehen. Turm und Kirchenschiff
waren gänzlich ausgebrannt, aber wie durch ein Wunder blieb das Glasfenster des
Altarraumes erhalten..
Über die Ursache des Brandes gibt es verschiedene Darstellungen. Es wird
z. B. berichtet, dass vom Friedhof aus deutsche Soldaten mit einem
Maschinengewehr die Amerikaner auf der Erlebacher Höhe beschossen haben sollen,
manche sagen, es sei sogar direkt aus der Kirche auf die Amerikaner das Feuer
eröffnet worden, die dann entsprechend mit Beschuss geantwortet hätten. Sicher
ist die Beschießung durch Brandgranaten, die möglicherweise einen Schwelbrand
verursacht haben, der in der Nacht dann das Großfeuer ausgelöst hat.
Die Amerikaner besetzten einige Häuser, deren Bewohner ihre Wohnstätte
verlassen mussten. In einer der Scheunen versteckte sich noch ein deutscher
Soldat, als die Amerikaner das Wohnhaus besetzten. Als er zu fliehen versuchte,
verfolgten ihn die amerikanischen Soldaten. Später fand man seinen toten Körper
in einer großen Blutlache. Jetzt stand fest, das der Einmarsch der Amerikaner
sechs Menschen das Leben gekostet hat.
Die Angriffsspitze der Amerikaner, es waren wahrscheinlich Angehörige der 11.
Panzerdivision der 3. US Armee, deren Kommandeur General Patton war, zogen
Richtung Coburg ab, und die Eigentümer der besetzten Häuser konnten in ihre
Wohnungen, die teilweise sehr verschmutzt und demoliert waren, zurückkehren.
Ein paar Tage später kam ein Kommando von 15 – 20 Amerikanern in die Stadt. Sie
quartierten sich am Viehmarkt ein und blieben bis Ende Juni 1945 in der Stadt.
Der 2. Weltkrieg war mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches
am
08. 05. 1945 zu Ende.
Dieser Weltkrieg hat insgesamt mehr als 50 000 000 Menschen , darunter 6 890 000
Deutschen das Leben gekostet.
In der Folge waren Millionen Menschen auf der Flucht oder wurden aus ihrer
Heimat vertrieben. Deutschland wurde in Besatzungszonen aufgeteilt.
Ummerstadt und Erlebach hatten wieder große Opfer zu beklagen.
Gefallene:
Götz, Karl | 1939 |
Chilian, Ewald | 1940 |
Hartmann, Kilian F. | 1940 |
Schwarz, Willi | 1940 |
Chilian, Richard | 1941 |
Rehlein, Herbert | 1941 |
Ros, Gerhard | 1941 |
Brandt, August | 1942 |
Chilian, Alfred | 1942 |
Clausius, Werner | 1942 |
Hirschberger, Alfred | 1943 |
Oppel, Bruno | 1943 |
Trommer, Friedrich | 1943 |
Chilian, Otto | 1943 |
Friedel, Hellmuth | 1944 |
Göhring. Hans | 1944 |
Leutheuser, Franz | 1944 |
Schmidt, Edwin | 1944 |
Strecker, Gustav | 1944 |
Weis, Alfred | 1944 |
Weis, Richard | 1944 |
Dörffinger, Alfred | 1945 |
Graf, Helmut | 1945 |
Kempf, Oskar | 1945 |
Schmidt, Emil | 1945 |
Vermisste:
Grosch, Gustav | 1942 |
Chilian, Eitel | 1943 |
Elflein, Hermann | 1943 |
Hoffmann, Alfred | 1943 |
Koch, Otto | 1943 |
Leutheuser, Heinrich | 1944 |
Berghold, Gustav | 1944 |
von Berg, Harry | 1944 |
Fröbel, Willy | 1944 |
Heß, Werner | 1944 |
Sauerteig, Otto | 1944 |
Süße, Otto | 1944 |
Weis, Herbert | 1944 |
Berghold, Otto | 1945 |
Kempf, Karl | 1945 |
Kreuzer, Franz | 1945 |
Voit, August | 1945 |
Vogel, Erich | 1945 |
Pressler, Karl | 1945 |
I
Verfasser:
Eberhard Eichhorn
Viehmarkt 99
98663 Ummerstadt