Heinrich Christoph Conrad Berghold

(1849 – 1931)

 

(„Töpferpoet“ von Ummerstadt

    „Hans Sachs von Ummerstadt“)

 

Im dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) war das heutige nordfränkische und südthüringische Gebiet eines der am schwersten in Mitleidenschaft gezogenen Landschaften im damaligen deutschen Reichsgebiet. Am Ende des grausamen jahrzehntelangen Mordens waren ganze Dörfer (z.B. Poppenhausen, Käslitz und Schweigertshausen) entvölkert. Kleine Städte wie auch Ummerstadt wurden mehrere Male (von allen Kriegsparteien) überfallen und ausgeraubt, Einwohner wurden ermordet und die Städte und Dörfer verbrannt (so Ummerstadt im Jahre 1632)

In Ummerstadt überlebten von ca. 700 Einwohnern (1595) am Ende nur 114 (1645).

Nach dem „westfälischen Frieden“ nahm die Bevölkerung von Ummerstadt langsam aber beständig zu. Aus allen deutschsprchigen Gebieten siedelten sich Menschen in Ummerstadt an. Besonders das Handwerk nahm einen stetigen Aufschwung.

So vermehrte sich sie Anzahl der Töpfermeister von den vier den Krieg überlebenden  auf dreizehn Meister (1727)  Am 8. Mai 1727 wurde die neue Innung samt der Handwerkslade eingeweiht und „zugleich das Handwerkszeichen am Rathaus an- und aufgesteckt.“

Die damaligen Töpfermeister waren: Lorenz Gutjahr, Nicol Rosa sen., Stefan Schütz, Zacharias Bathelmann, Johann Rosa, Hans Georg Streit, Minna Burckhardtin, Nicol Stößel, Georg Peter Gutjahr, Nicol Rosa jun., Johann Georg Berghold, Johann Heillos und Hans Heinrich Köhler.

Begünstigt wurde diese Entwicklung auch dadurch, dass man in Colberg (Tonberg) als auch in der Nähe von Gemünda (Muggenbacher Tongruben), zwei Nachbarorte der Stadt Ummerstadt, brauchbare Tonvorkommen fand.

Das zum Brennen der Tonwaren benötigte Holz war  zu erschwinglichen Preisen im nötigen Umfang in den ausgedehnten Gemeindewäldern Ummerstadts vorhanden. (Die Wälder erstreckten sich über weite, für Ackerbau ungeeignete Böden in einer Fläche von ca. 630 Hektar)

Im Jahre 1720 ist, ohne Angabe des Geburtsortes, ein Johann Georg Berghold in Ummerstadt zugezogen. Seine eigentliche Herkunft liegt im Dunkeln, aber sein Schwager soll ein Johann Balthasar Gutjahr gewesen sein. Gutjahr soll den Beruf eines Müllers in Hattmath bei Bußweiler im Elsaß ausgeübt habe. Man kann also daraus schließen, dass Johann Georg Berghold aus dem Elsaß nach Ummerstadt gekommen ist.

Zur etwa der gleichen Zeit traf der aus Frankreich stammende Jaques Taverniere der in Maastrich das Pfeifenmachen „auf holländische Art“ gelernt hatte, in Ummerstadt ein. Er kam über Hanau nach Ummerstadt und bewohnte ein Haus „auf dem Rangen“. (später HNr.: 22)

 


 

Töpferei des Jaques Teverneiere und des Johann Georg Berghold
(zweites Haus rechts ist Kirchweg Nr 22)

Johann Georg Berghold heiratete eine Tochter des Jaques Teverniere und wohnte zunächst im Haus seines Schwiegervaters, wo er eine Töpferwerkstatt einrichtete. Jaques Teverniere starb 1751.
Berghold war als Töpfer einigermaßen erfolgreich und erwarb das Haus Nr 69 (an der Straße Richtung Gemünda)
Johann Georg Berghold hatte mit seiner Frau, die 1753 als Witwe noch Erwähnung findet, drei Söhne, die alle die Meisterwürde im Töpferhandwerk erreichten. (Johann Georg Berghold, Johann Caspar Berghold und Johann Michael Berghold)
Johann Caspar Bergholds Sohn Paul Christian ist 1755 geboren. Er erreichte 1773 die Meisterwürde und wurde noch 1809 erwähnt. Er wohnte und arbeitete mit seinen sechs Kindern im Haus Gemündaer Str. Nr, 69.
Johann Christoph Berghold, einer der Söhne von Johann Caspar wurde 1786 geboren und erreichte 1819 die Meisterwürde. Er lebte und arbeitete im Haus Nr. 69, soll aber 1813 Korporal (im Krieg gegen Napoleon) und später Bürgermeister gewesen sein.
Einer seiner Söhne, Johann Georg Berghold, arbeitete zunächst mit seinem Vater im Haus Nr. 69. Er übernimmt, nachdem er 1844 Meister wurde ca. 1850 den Betrieb. Bei ihm arbeiteten ein bis zwei Gesellen, Er veranlasste vermutlich den Anbau am Haus Nr. 152 in der Vorstadt (heute Coburger Str. 152) Sein Name wurde noch 1864 erwähnt.
Er hatte mit seiner Ehefrau Margarethe geb. Schubart vier Kinder Anton, Franz, Heinrich und Lisette. 

Heinrich („Henner“) Christoph Conrad Berghold wurde am 28.10.1849 geboren.

Auszug aus dem Kirchenbuch der Pfarrei Ummerstadt, (Geburts- und Taufregister) 

Er erlernte das Töpferhandwerk wohl von seinen Vater. Zunächst wohnte und arbeitete er mit seinem älteren Bruder Anton im Haus Gemündaer Str. 69. 

Im Jahr 1873 wurde an eine schon seit ca. 1780 bestehende Ziegelei die wahrscheinlich um 1868 erneuert wurde, vermutlich noch vom Vater Hohann Georg Berghold veranlasst, ein Anbau errichtet, in dem Johann Georg Berghold lebte und arbeitete. In die ehemalige Ziegelei wurde nachträglich ein großer Brennofen (Kassler Brennofen) eingebaut. Im oberen Stockwerk war die Töpferwerkstatt.

Heinrich Berghold  vor seiner Töpferei HNr. 152
(man sieht die Menge an Holz die man für das Brennen der Töpferware brauchte)

 

Heinrich Berghold an der Töpferscheibe
(beim Herstellen von “Kaffeehafen“)

 

Heinrich Berghold wurde weit über die Grenzen seiner Heimatstadt bekannt. Nicht nur wegen seiner Töpferwaren sondern weil er sich auch als „Töpferpoet“ einen Namen machte.
In seinen Notizbüchern sind neben Eintragungen in Tagebuchform auch Reime und Gedichte aufgezeichnet. Er schätze sich selbst als Volk-und Heimatdichter (oder “Töpferpoet“) ein.
In der Veröffentlichung der Historischen Gesellschaft Coburg e.V., Heft 9, 1994, mit dem Titel „Die Töpfer in Ummerstadt und im Coburger Land“ haben Birgit Jauering-Hofmann und Werner Schönweiß einige diese Reime und Gedichte veröffentlicht. So z.B.: 

„Aus Erden bin ich geworden,
aus Erden form ich viel,
ich muß so lang ich lebe,
nur in der Erden wühl“.

Oder: 

„ In jeder Brust schwingt ein Leid,
auch in der Allkergrößten.
Oh Menschenkind auch Einsamkeit,
die Ruhe kommt – wird trösten“ 

Heinrich Berghold war ein tiefreligiöser Mensch. Vaterlandsliebe und patriotische Zeitgesinnung kommen in seinen Reimen deutlich zum Ausdruck. Gesangverein, Turnverein, der Kirchgang, das „liebe traute Heim“, Bad Colberg und schließlich immer wieder Natur und Landschaft und ein vielfältiges Glaubensbekenntnis und Gebete waren Ursachen und Ereignisse, die es in Reimform festzuhalten Wert erschien.
Sein Leben spielte sich in der engsten Heimatumgebung ab.“ Ich bin oft beim Pflaum (Gasthaus) in die Lichtstubn nei`gangen, so an 3-4 mal im Jahr, dort habe ich meine Liebe kennen gelernt - freilich schon lange her.“ So schreiben Birgit Jauring-Hofmann uns Werner Schönweiß in der o.a. Veröffentlichung.
Er heiratete im Mai 1880 Katharina Maria geb. Franz aus Ummerstadt.
Seit 1888 führte er einen selbstständigen Betrieb im Haus Nr. 152.

 

Heinrich Berghold an seiner Töpferscheibe.
Seine Ehefrau Katharina beim Bemalen der Kaffeehafen mit dem Malhorn

 

Heinrich Berghold gilt als „Erfinder“ des Ummerstadter „Kaffeehafens“ („Kaffeetöpfla“, “Kafeehaafela“)

 

 

Dieser kleine Henkeltopf ist mit einem Ausgießer versehen. Der Sinn dieses Ausgießers, der bei einer Kaffeetasse eigentlich stört, mag wohl darin liegen, dass man früher den Kaffee auch über Brotstücke, die in einem Teller „gebrockt“ wurden, gegossen hat, und danach mit einem Löffel verzehrte.

Diese Kaffeehafen erlangten auch deshalb eine gewisse Berühmtheit, weil sie Heiner Berghold, aber auch andere Ummerstadter Töpfer, häufig mit Sinnsprüchen versehen hatten.

 

Die Töpfer von Ummerstadt verzierten ihre Teller, Tassen und Krüge, neben immer wiederkehrenden Ziermotiven, wie die Blumen, mit Versen, die oft ironisch gemeint waren und der Ummerstädter Art  Ausdruck verliehen.

 

Einige Beispiele:

-                     Wer viele solche Sachen kauft, dem das Glück von selbst nachlauft

-                     Gott der Schöpfer war der erste Töpfer

-                     Liebchen höre meine Bitte, öffne mir dein Fensterlein

-                     Meine Frau ist in der Kerche und singt wie eine Lerche

-                     Alle Morgen muß ich sorgen, wo soll ich meinen Kaffee borgen

-                     Aus Erde bin ich geworden, aus Erde form ich viel: ich muss, so lang ich lebe, nur in der Erden wühl.

-                     Blumen malen, ist allgemein, den Geruch zu geben, kann Gott allein.

-                     In meiner Stube rußt der Ofen, in meinem Herzen ruhst nur du.

-                     Werde nur nicht wunderlich, wenn ich sag ich liebe dich.

-                     Ob gut, ob schlecht das Jahr auch sei, ein bisschen Frühling ist immer dabei

-                     Ohne Bier und ohne Wein soll der Teufel Töpfer sein

-                     Oh du edler Gerstensaft, Wasser gibt mir keine Kraft

-                     Ach wie wird mein Schätzchen lachen, wenn wir werden Hochzeit machen.

-                     Da draußen vor dem Ofenloch sitzt meine Frau (Mutter) und brummelt noch.

-                     Einer alleine, das ist nicht feine, aber einer und eine und die beiden alleine, das ist feine!

-                     Fische, Vögel und Forellen essen gern die Töpfergesellen

-                     Liebchen, wenn die Sterne funkeln, kann man gut im Dunklen munkeln

-                     Lieber will ich ledig leben, als der Frau die Hosen geben.

-                     Alte Taler, junge Weiber sind die besten Zeitvertreiber

-                     In der schönen Frühlingszeit sind die Blumen meine Freud

-                     Alle meine Hab ist Gottes  gab

-                     Der Topf der ist von Ton gemacht, wenn er zerbricht, der Töpfer lacht. 

Die Sprüche stammen wohl nicht alle allein von Heinrich Berghold, aber sicher ist, dass er viele davon verfasst hat.
Berghold hatte inzwischen eine gewisse Berühmtheit erlangt und so kam es, dass dieses „Ummerstadter Orginal“ zum Ziel mancher Ausflüge von Menschen aus der Umgebung wurde. Die Besucher seiner Töpferei haben dann bestimmt auch das eine oder andere Stück aus seiner Werkstatt erworben.
Selbst der damalige Landesherr, Herzog Georg II. von Sachsen Meiningen soll Heinrich Berghold im Jahre 1908 in Ummerstadt besucht haben. Ihm habe sich ein Besuch des Erbprinzen Bernhard um 1913 angeschlossen.

 


 

In seinen letzten Lebensjahren machten Heinrich Berghold Krankheiten so schwer zu schaffen,  dass er letztlich zum Pflegefall wurde.
Er starb 1931  im 82. Lebensjahr ohne eigene Nachkommen hinterlassen zu haben.

 

  

Verfasser:                                                                                         

Eberhard Eichhorn
Viehmarkt 99

98663 Ummerstadt